Autos, Videospiele und andere Hightech Geräte sind wahrscheinlich die ersten Dinge, die den Menschen zum Thema japanisches Design einfallen. Ein zweiter Blick nach Japan offenbart allerdings eine breit gefächerte Designszene, die ebenso von der eigenen Geschichte und Tradition beeinflusst ist wie vom deutschen Bauhaus.
Das zeitgenössische, japanische Design ist geprägt durch ein kulturelles Verständnis, das für eine zurückgenommene Schönheit der Funktion steht und dessen dekorlose Strenge sich von einer über Jahrhunderte gewachsenen Handwerkstradition herleitet. Die Verschmelzung von Modernität und Tradition, industrieller und handwerklicher Fertigung sowie Form und Funktion, machen japanische Designprodukte weltweit zu begehrten Objekten.
Das Bauhaus in Japan
Die klaren und zum Teil minimalistischen Formen basieren darüber hinaus auf westliche Einflüsse, die bis auf das Bauhaus zurückzuführen sind. Die japanische Kultur zeichnet sich durch die Fähigkeit aus, Tradition mit neuen Einflüssen zu verbinden. Dieses Attribut bestimmt auch das zeitgenössische, japanische Design, welches in den 1950er Jahren entstand. Den ideologischen Hintergrund jener Zeit lieferte der Bauhaus-Anhänger Masaru Katsumie.
Die Lehre des Bauhauses bot jungen Designern die Möglichkeit eigene Traditionen zu erneuern. 1922 besuchte der Maler Nakada Sadanosuke als erster Japaner das Bauhaus in Weimar. Zu den wohl bekanntesten japanischen Studierenden am Bauhaus zählt das Ehepaar Iwao und Michiko Yamawaki.
Der Architekt Iwao baute einige Häuser in strenger Bauhaus Ästhetik. Seine Frau Michiko, Tochter eines japanischen Teemeisters, schrieb 1995 ein Buch über die Teezeremonie und das Bauhaus. Auf der anderen Seite ließen sich deutsche Designer und Architekten von dem tiefen Verständnis der Japaner für Keramik und Holzbau inspirieren. Entwürfe wie die Teekanne von Theodor Bogler zeigen in ästhetischer Hinsicht den starken japanischen Einfluss auf die Bauhaus-Keramik.
"Es bedurfte der Gewalt der japanischen Linie, der Gewalt ihres Rhythmus und seiner Akzente, um uns aufzurütteln und zu beeinflussen. Ihre rhythmische Kraft und Intensität musste selbst diejenigen aufwecken, die am tiefsten schliefen. Die Offenbarung der Wunder war so überwältigend, dass sie uns wie das plötzliche Aufleuchten der Sonne erschien nach langer Wanderung in schweren Wolken. Die japanische Linie war heilbringend."
- Henry van de Velde in einem Brief an Walter Gropius
Die Entwicklung des japanischen Designs
Bald wurden Design-Schulen und Institutionen (METI, JIDPO, JIDA) gegründet und durch den wirtschaftlichen Aufstieg der Insel-Nation entwickelte sich insbesondere das Industrie-Design rasant. Neben europäischen waren speziell die amerikanischen Einflüsse maßgeblich für die Entwicklung, wobei sich die Japaner besonders im Automobil-Bereich zunächst teils heftigen Plagiats-Vorwürfen ausgesetzt sahen.
Abseits des Industrie-Designs, in der Architektur, dem Kunsthandwerk und auch der Mode konnten die Gestalter ungenierter ihr traditionelles Erbe mit den Einflüssen aus dem Westen kombinieren. Im Modedesign, das traditionell westlich dominiert war und ist, fasste Japan in den 1970ern fuß, wobei die alten Traditionen im Geiste des Shintoismus erkennbar wurden. Ein schlichter Stil, das „Gefühl fürs Material“ und die Natürlichkeit der Stoffe brachten international neue Impulse.
Heute gilt die japanische Methode, traditionelle heimische Stile mit westlichen Einflüssen zu mischen als eine der innovativsten auf dem Design-Markt. Sinnbildlich dafür kann die japanische Popkultur genannt werden. Nicht wenige Experten sehen in der Adaption des japanischen Designs eine Möglichkeit für den Westen aus dem ewigen Kreislauf sich selbst zitierender Retrowellen zu entfliehen.