Der bekannte deutsche Designautor Bernd Polster schreibt in seinem Buch "Wohndesign Deutschland - Die Klassiker": "Schloss Neuschwanstein und das Bauhaus sind zu Stein gewordene deutsche Mythen und zugleich Visionen des Wohnens, wie sie gegensätzlicher kaum sein könnten. Zwischen ihnen liegen Kaiserreich, Erster Weltkrieg und eine Revolution - politisch, aber auch kulturell. Das angestaubte romantische Inventar des 19. Jahrhunderts wurde beiseite gefegt. So entstand ein grandioser Freiraum für Gestaltung. Der damals angeworfene Innovationsmotor treibt das deutsche Design bis heute voran. Seitdem geht es um nicht weniger als um ein neues System der Dinge."
Heute sind viele deutsche Hersteller und Designer international bekannt. Von A wie Depot4Design, ein Unternehmen, das vor allem für Kunststoffmöbel und -produkte steht, bis Z wie Zwiesel, einer traditionsreichen Manufaktur für hochwertige Kristallglasprodukte - sind deutsche Firmen in Sachen Designexport gut organisiert. Ebenso zählen deutsche Designer wie Konstantin Grcic oder Stefan Diez längst nicht mehr zu den Newcomern, sondern sind - nicht zuletzt durch ihre Zusammenarbeit mit internationalen Unternehmen - weltweit anerkannte Möbel- und Produktdesigner. Für das Prädikat "Design - Made in Germany" haben auch staatlich und wirtschaftlich geförderte Institutionen beigetragen, wie der Rat für Formgebung (gegr. 1953), das Design Zentrum Nordrhein Westfalen (gegr. 1954), das Industrieforum Hannover (seit 1953) oder die Messe Frankfurt, die alljährlich international renommierte Designpreise wie den Designpreis der BRD, den red dot award, den iF award oder den Design Plus vergeben.
Historischer Überblick
- Die Anfänge
- Der Siegeszug der Sachlichkeit
- Bauhaus: Die Revolution des Designs
- Nachkriegszeit: Der Neuanfang
- Deutsches Design wird international
- Populäre deutsche Designs
Die Anfänge
1830: Auf Ausstellungen erscheinen Möbel, die vergangenen Epochen nachempfunden sind. Der Historismus beginnt in Deutschland und mit ihm die vergebliche Suche nach einem »deutschen Stil«.
1835: Der Pionier Michael Thonet wendet seine Holzbiegetechnik in Boppard am Rhein auf einen Stuhl an und entwickelt daraufhin Serienmöbel. Stuhl Nr.14 von 1859 ist das erste millionenfach produzierte Möbel und ein frühes Stück Industriedesign.
1876: Die Deutsche Kunst- und Industrieausstellung in München macht die Neo-Renaissance populär, ein massiver Stil, der nun als »altdeutsch« gilt und das Bild vom deutschen Möbel prägt. – Auf der Weltausstellung in Philadelphia glänzt Deutschland mit nationalem Kitsch. Mit »Germanien, Borussen, Kaiser, Kronprinzen und Bismarcken« demonstriert der wirtschaftliche Emporkömmling sein stilistisches Defizit.
1887: Gegen deutsche Billigimporte führt England die Bezeichnung »Made in Germany« ein.
1892: Künstler, die sich vom etablierten Kunstbetrieb abwenden, gründen die Münchner Sezession. Einige Abtrünnige, wie etwa Peter Behrens, wenden sich bald dem Kunsthandwerk zu.
1897: Die Internationale Kunstausstellung in Dresden bringt dem Belgier Henry van de Velde und dem Jugendstilmöbel den Durchbruch
1898: Die Vereinigten Werkstätten für Kunst im Handwerk in München und die Dresdner Werkstätten für Handwerkskunst werden nach englischem Vorbild gegründet. Die beiden erfolgreichen Unternehmen fusionieren ein gutes Jahrzehnt später zu den Deutschen Werkstätten. Sie markieren den Beginn der Werkstättenbewegung, die eine vom Jugendstil inspirierte »Raumkunst« anstrebt. In München konzentriert sich eine Vielzahl von Kreativen, darunter Peter Behrens, August Endell, Hermann Obrist, Josef Maria Olbrich, Bruno Paul und Richard Riemerschmid. In Dresden will der Handwerker und Idealist Karl Schmidt aus seinem Unternehmen ein reales Utopia machen. Es wird bald in den Vorort Hellerau verlegt und dort in eine Gartenstadt eingebettet, deren Architekt Riemerschmid ist. (weitere Gründungen: 1899 die Werkstätten für angewandte Kunst von Henry van de Velde in Berlin, 1900 die Saalecker Werkstätten des Architekten und »Heimatschutz«-Pioniers Paul Schulze-Naumburg, 1902 die Königlichen Lehr- und Versuchswerkstätten in Stuttgart, 1903 die Wiener Werkstätte).
Der Siegeszug der Sachlichkeit
1900: Auf der ansonsten eher konservativen Weltausstellung in Paris gewinnen deutsche Neuerer Goldmedaillen wie z.B. ein Fischgeschirr von Nymphenburg. Der turbulente Jugendstil, der bereits selbst wieder verebbt, hat dem Historismus den Garaus gemacht. Noch ist die Geschmackswende nicht vollendet. Die Devise heißt jetzt Vernunft und Sachlichkeit. – Die Zeitschrift Kunstwart veröffentlicht Zehn Gebote zur Wohnungseinrichtung. Punkt eins: »Richte dich zweckmäßig ein!«.
1903: Im Zuge einer Designreform von oben wird Behrens Direktor der Kunstgewerbeschule in Düsseldorf. – Thermoskanne und Zündkerze sind zwei Erfindungen von vielen.
1905: In Deutschland wird heftig diskutiert, wie eine »schöne Wohnung« aussieht. – Richard Riemerschmid, mittlerweile ein Prominenter, arbeitet für die Porzellanmanufaktur Meißen, die Westerwälder Steinzeugindustrie Villeroy & Boch und WMF. – Der Küchenhersteller Poggenpohl produziert Möbel im schlichten Werkstättenstil. – Ludwig Mies van der Rohe zieht nach Berlin. – In Dresden beginnt die Künstlergruppe Die Brücke mit dem »unmittelbaren und unverfälschten« Malen.
1906: Auf der III. Deutschen Kunstgewerbe-Ausstellung in Dresden werden Riemerschmids Maschinenmöbel gezeigt, ein umfangreiches, erstmals auf Fabrikproduktion zugeschnittenes Möbelprogramm.
1907: Der Deutsche Werkbund ist der erste nationale Designverband und führt Künstler und Hersteller zusammen, ein Modell, das von anderen Ländern wie etwa England und Schweden übernommen wird. Durch Publikationen und Ausstellungen wie 1912 in den USA, 1914 in Köln und 1927 in Stuttgart wird das aufklärerische Projekt voran gebracht. Da es aber ebenso um Exportförderung geht, ist auch der Chauvinismus stark vertreten, was in Kampfbegriffen wie »deutsche Wertarbeit« anklingt. – Peter Behrens, ein Mitbegründer des Werkbunds, wird künstlerischer Berater der AEG in Berlin. Für den Elektrokonzern, dessen hochmoderne Produkte bis dahin historistisch verziert wurden, entwickelt der Pionier des Industriedesigns ein sachlich gestaltetes Sortiment und ein schlankeres Erscheinungsbild. Dieses umfassende Programm ist eine Weltpremiere.
1914: Die Werkbund-Ausstellung in Köln, ein imposantes Schaufenster des Designaufbruchs, muss vorzeitig schließen, weil der Weltkrieg beginnt.
1918: Der Erste Weltkrieg endet mit Kapitulation und Revolution.
Bauhaus: Die Revolution des Designs
1919: Die erste deutsche Republik und das Staatliche Bauhaus entstehen in Weimar. Gründungsdirektor Walter Gropius stellt seine Akademie in die Tradition der Werkstätten.
1923: Das Musterhaus »Am Horn«, mit dem sich das Bauhaus erstmals präsentiert, ist ein Experiment für »Neues Wohnen«. Die Einrichtung basiertauf Konzepten, bei denen Mechanik und Modularität eine wichtige Rolle spielen, wie etwa bei dem innovativen Kinderzimmer von Alma Buscher. Zur Sensation wird die Ausstellung aber vor allem durch die schockierende Schlichtheit der Räume. – In Hamburg entwirft Karl Schneider die Villa Michaelsen, ein Frühwerk des »Neuen Bauens«, und des »offenen Wohnens«. – Die Geldentwertung erreicht den Höhepunkt.
1924: Die Wirtschaft erholt sich. Berlin wird zur Weltmetropole der Kultur. – Form ohne Ornament heißt eine Wanderausstellung des Deutschen Werkbundes, die das Motto der Modernisten vorgibt. – Marianne Brandt revolutioniert mit ihrem dekorfreien Tee-Extrakt-Kännchen den Esstisch. – Die heutzutage zur »Bauhaus-Lampe« geadelte Leuchte WA 24, ein Gemeinschaftswerk von Carl J. Jucker und Wilhelm Wagenfeld, gehört zu den ersten Produkten, die zu einem Typus werden, jedoch noch kaum Verbreitung finden.
1926: Das Bauhaus zieht nach Dessau in ein neues Gebäude, das dem Ideal eines funktionalistischen Totalkunstwerks recht nahe kommt. Das Ereignis wird inszeniert, nicht zuletzt mittels der neuen Stahlrohrmöbel. Sie sind das greifbare Symbol der anti-gemütlichen Ästhetik. Zur Hochschule gehören sieben Meisterhäuser, in denen das kühle Ambiente auch für Journalisten zelebriert wird. Lieblingsvokabeln der Wohnrebellen sind Luft und Licht. Dafür sorgen große Fenster und das monochrome Weiß der Wände, das die Räume noch leerer erscheinen lässt. – Die Zeitschriften bauhaus und Das Neue Frankfurt sind Sprachrohr und Diskussionsforum. – In Weimar entwirft Erich Dieckmann an dem in Bauhochschule umgetauften Ex-Bauhaus weiterhin modernes Mobiliar. – Der Holländer Mart Stam, später Gastdozent am Bauhaus, erfindet den Freischwinger, eine Möbelgattung, die ein Jahr später durch Mies van der Rohes Sessel MR10 endgültig ein Hit wird. – Margarete Schütte-Lihotzky rationalisiert in ihrer Frankfurter Küche das Kochen. Es ist das Urbild aller kompakten Zeilenküchen. – Der Funktionalismus, schreibt Hermann Muthesius in der zweiten Ausgabe seines Buches Die Schöne Wohnung, sei, wie vormals der Jugendstil, nur ein »exzentrisches« Intermezzo.
1927: Die Mustersiedlung in Stuttgart-Weißenhof versammelt eine Garde junger Architekten, die das »Neue Wohnen« repräsentieren, darunter Josef Frank, Walter Gropius, Le Corbusier, Ludwig Mies van der Rohe, Hans Scharoun und Mart Stam. Durch den radikalen Bruch mit dem Gewesenen erscheinen ihre Wohnkonzepte einheitlicher als sie es tatsächlich sind. Obwohl oder gerade weil das Projekt ebenso stark umstritten ist wie das Bauhaus, gibt es der modernen Bewegung Schub.
1929: Der von Ludwig Mies van der Rohe entworfene deutsche Pavillon auf der Weltausstellung in Barcelona, den er mit eigenen Möbeln bestückt, macht Neue Sachlichkeit zum republikanischen Stil. – In Frankfurt zeigt die Ausstellung Der Stuhl modernes Sitzgerät aus verschiedenen Ländern. – In Köln findet die erste Kölner Möbelmesse im neuen Messegebäude statt. – Der Börsenkrach in New York stürzt die Welt in eine Wirtschaftskrise.
1932: Sechs Millionen Deutsche sind arbeitslos. Die wirtschaftliche und politische Lage spitzt sich zu. – Auf der Berliner Sommerschau Sonne, Luft und Haus für alle zeigen im Wettbewerb Das wachsende Haus 24 Architekten kleinformatige Musterhäuser, die sich erweitern lassen. Vertreten sind Erich Mendelsohn, Hans Scharoun und Egon Eiermann. – Die Ausstellung Architecture: International Exhibition im New Yorker Museum of Modern Art führt den von Deutschland ausgehenden Funktionalismus in den USA ein.
1935: Wilhelm Wagenfeld stößt bei den Lausitzer Glaswerken als erster Künstler ins Management einer Firma vor.
1939: In der Deutschen Warenkunde, einem vom Propagandaministerium lancierten, umfangreichen Almanach vorbildlicher Gebrauchsartikel, werden auch Produkte emigrierter Künstler empfohlen, wie der Oranier-Ofen von Walter Gropius. - Der Zweite Weltkrieg beginnt.
1945: Der Zweite Weltkrieg ist beendet. Allein in Berlin sind über eine halbe Million Wohnungen zerstört.
Nachkriegszeit: Der Neuanfang
1949: Rege Ausstellungsaktivitäten spiegeln die Problemlage. Wie Wohnen?, eine der am häufigsten gestellten Fragen der Zeit, wird in einer Ausstellung in Stuttgart und Karlsruhe beantwortet. Die Lösung sind leichte, oft zusammenklappbare Mehrzweckmöbel. – Auf der erstmals wieder stattfindenden Kölner Möbelmesse dominieren dagegen wuchtige »Stilmöbel«. Der Deutsche Werkbund antwortet darauf mit einer Gegenausstellung. Unter dem altbekannten Titel Neues Wohnen werden Möbelprototypen gezeigt. – Schließlich liefert der Schweizer Max Bill mit seiner Ausstellung Die Gute Form das erste Gebot der nächsten Designreform, die im Kern eine des Wohnens ist. – Der Drehstuhl S 41 ist eines der ersten Möbel, das Wilde + Spieth auf Anregung des Architekten Egon Eiermann fertigt. Seine Entwürfe machen die Firma zu einem der Hauptlieferanten der Nachkriegsmoderne.
1950: Der junge Philip Rosenthal wird Werbeleiter im Familienbetrieb, macht ihn zum Inbegriff »guter Form« und erfindet das »Autorendesign«, ohne es so zu nennen. Einer ihrer Mitarbeiter ist der junge Künstler Hans Theo Baumann, dem mit einem Plexiglasstuhl für Vitra, damals noch Fehlbaum, ein spektakuläres Debüt gelungen ist.
1951: Eine neue Generation stellt die Weichen. Nach dem Tod von Firmengründer Max Braun übernehmen die Söhne Erwin und Artur Braun nicht ganz freiwillig die Frankfurter Phonofirma. Ähnlich vollzieht sich der Wechsel bei Rosenthal, Bofinger und Wilkhahn. Junge zukunftshungrige Unternehmer sind von der Kriegserfahrung desillusioniert und auf der Suche nach etwas Anderem.
1952: Heinrich Löffelhardt wird künstlerischer Leiter bei Arzberg. 13 Service bringen die »gute Form«, nun auch mit zeittypisch organischer Linienführung, auf westdeutsche Mittagstische. – Der Konkurrent Rosenthal engagiert Wilhelm Wagenfeld, der gleichzeitig für WMF und verschiedene Leuchtenhersteller Entwürfe liefert. Der erstaunlich produktive Altmeister zählt neben Hans Gugelot und Herbert Hirche zu den drei großen Mentoren des zweiten Neubeginns. – In der wiederum komplett überarbeiteten Ausgabe von Die Schöne Wohnung sind erstmals amerikanische und skandinavische Interieurs vertreten.
1953: Unterrichtsbeginn an der der Hochschule für Gestaltung Ulm, die sich als Bauhaus-Nachfolgerin versteht, ebenfalls stark international ausgerichtet ist und genauso zum Anziehungspunkt einer jungen Avantgarde wird. Die Schüler zeichnen mit dem neuen Tuschefüller Rapidograph von Rotring und sitzen auf dem Ulmer Hocker (1955), in dem einige Grundkonzepte stecken. Er ist stockeinfach und frappierend vielseitig. Hans Gugelot entwickelt daraus später ein Möbelsystem für Kinder. – Mit dem Rat für Formgebung in Frankfurt und dem Industrieforum in Hannover entstehen zwei Hüter vorbildlicher Gestaltung, die beide eine italienische Erfindung übernehmen: den Designpreis. – Das Museum of Modern Art in New York zeigt Thonet-Möbel. Es ist die erste Einzelausstellung einer Firma.
1959: Die völlig neu überarbeitete Ausgabe von Die Schöne Wohnung, wird bis 1963 in vier Auflagen 120.000 Mal verkauft. Zu sehen sind zahlreiche Schrank- und Regalsysteme, aber auch eine erstaunliche Variation an Kinderzimmern. – Studenten der Ulmer Hochschule übertragen das analytische Curriculum in ihren Diplomarbeiten auf die Wirklichkeit. Hans »Nick« Roericht entwickelt das erste, natürlich stapelbare Funktionsgeschirr – Peter Raackes entwirft das schlanke und gerade Besteck mono-a.
1960: Das Rosenthal Studio-Haus in Nürnberg ist der Testlauf für die erste Designladenkette der Welt. – In Hamburg erscheint die Zeitschrift Schöner Wohnen, das erste reine Wohnjournal, dessen Name in die Alltagssprache eingeht. Bald zählen Marktforscher mehr als zwei Millionen Leser. – Das Bauhaus-Archiv wird gegründet und zieht auf die Darmstädter Mathildenhöhe.
1961: Dieter Rams wird Designchef bei Braun. Die Firma, die von ihm geleitete Abteilung und er selbst werden zur Legende. Rams gehört jener Kriegskindergeneration an, die das Bild des deutschen Designs bis heute stark prägt. Zu ihnen zählen so prägnante Persönlichkeiten wie Klaus Franck, Peter Maly, Ulf Moritz, Peter Raacke, Hans »Nick« Roericht und auch ein Einzelgänger wie Luigi Colani.
Deutsches Design wird international
1968: Die letzte Ausgabe von Die Schöne Wohnung ist mit 250 Seiten und über 600 Abbildungen üppiger und bunter als je zuvor. – Eine Ausstellung in Köln zeigt erstmals Pop-Art aus den USA, ein Kulturschock, von dem auch die documenta 4 lebt. Pop-Art und Popmusik werden vermischt. Stile kommen nun aus dem »Untergrund«. – Kunststoffmöbel verändern Seh- und Sitzweisen. Es gibt Skulpturen wie das Gartenei von Peter Ghyczy oder die schnittige Liege TV-relax von Luigi Colani, aber auch ergonomisch optimierte Sitzmaschinen wie die Stühle Floris von Günter Beltzig und SM 400 von Gerd Lange. – Der Inflation der Visionen steht auch streng Pragmatisches gegenüber. Während Rolf Heide bei seiner Stapelliege Schlafflächen wie Industriepaletten übereinander stapelt präsentiert Habit das erste stapelbare Sofa: Die Wohnlandschaft. – Die Hochschule für Gestaltung in Ulm wird geschlossen.
1970: Auf der Kölner Möbelmesse trumpft Poggenpohl mit einer Kugelküche von Luigi Colani auf: eine UFO-Variante der Frankfurter Küche. Sie wird noch übertroffen vom Totalinterieur Visiona, ein psychedelisches Environment, das der in Basel lebende Däne Verner Panton für den Chemiekonzern Bayer im Bauch eines Rheindampfers realisiert. – Peter Maly macht sich selbstständig und wird von Leo Lübke als freier Art Director zu Interlübke geholt, einem der ersten deutschen Unternehmen der Branche mit internationalem Zuschnitt. – Bei Schöner Wohnen folgt ihm Rolf Heide nach, der hier über zwei Jahrzehnte aus dem Hintergrund den Wohnstil der Bundesdeutschen durch seine inszenierten Bildwelten beeinflusst.
1974: Der schwedische Möbelhersteller Ikea eröffnet bei München ein Kaufhaus, dem bald weitere folgen. Das Unternehmen, dessen frühe Expansion weitgehend in Deutschland stattfindet, kommt mit seiner Billigpolitik zum richtigen Moment. Es wird Lieferant für junge, unkonventionelle Käufer und, neben Schöner Wohnen, zum wichtigsten Geschmackserzieher in Wohnfragen.
1981: Die Welt neudeutscher Sachlichkeit scheint noch in Ordnung. Die Wanduhr ABW 41 von Dietrich Lubs und die Teekanne Mono Classic von Tassilo von Grolmann verbinden formale Raffinesse mit technischer Eleganz.
1984: Eine Reihe unterschiedlicher Firmen, darunter Thonet, Tecta, Tecnolumen und Vitra sowie später auch ClassiCon, Richard Lampert und sdr+, entwickeln ein historisch reflexives Verhältnis zu ihrem Produkt. Wichtige Entwürfe des deutschen Wohndesigns finden zurück in die Kataloge. Eine Ausnahmeerscheinung ist das Unternehmen Anthologie Quartett, das sich bis heute dem kühnen Geist der 80er Jahre verpflichtet fühlt. - Nach Erco, Ingo Maurer, Anta, Mawa und Serien, gründet Tobias Grau eine weitere anspruchsvolle Marke für deutsches Leuchtendesign.
1991: Der Münchner Konstantin Grcic eröffnet in seiner Heimatstadt ein Studio und wird Deutschlands Vorzeigedesigner. Es entwickelt sich eine intensive Zusammenarbeit mit der im Jahr zuvor entstandenen Firma ClassiCon.
1996: Neben Marken, die in den 80er Jahren gegründet wurden, wie flötotto, Nils Holger Moormann, Performa, Sanktjohanser und Zeitraum entstehen weitere interessante Projekte, darunter Jonas & Jonas, Kaether & Weise, Raumwerk und Leise.
Quelle: www.formguide.de